Aufbruchsstimmung zur Rückrunde der Saison 2009/2010: Die vielen hoffnungsvollen Rookies scharrten mit den Hufen, heiß auf ihre ersten Minuten in der Bundesliga Süd, die alten Hasen wollten die Hinrunde vergessen machen und die ganze Stadt erwartete mit einer fiebrigen Spannung das allererste Lacrosse-Spiel auf Würzburger Boden.
Die Rückrunde begann jedoch in Mannheim. Dort feierte nicht nur ein gewisser Matze Stolte sein Debüt im Trikot der SG Würzburg/Erlangen, dort erlebten die Zuschauer auch noch zwei Spiele, die in fast jeder Motivationsrede der kommenden Jahre als Positiv- und Negativbeispiel zitiert werden sollten. Und womit? Mit Recht! Zunächst gaben wir einen schon sicheren Sieg gegen die Konstanz Seagulls nach haushoher Führung im letzten Quarter noch aus der Hand: Endstand 7:8, Tore für Würzburg Müller und Jakel, Ernüchterung pur. Wenn wir nicht mal gegen Konstanz gewinnen konnten, gegen wen denn überhaupt? Nun, vielleicht gegen die SG Tübingen/Mannheim: Ähnliches Spiel, nur diesmal mit dem besseren Ende für uns. Comeback nach Rückstand, Würzburger Treffer durch Lippold und Jakel, der Rest war Jubel und wir hatten unser Erfolgserlebnis!
Die Motivation für den anstehenden ersten Heimspieltag in Würzburg war also da und die brauchten wir auch dringend, hießen doch die Gegner Karlsruhe Storm und München B. Obwohl wir auf heimischem Rasen erbittert kämpften und speziell die Baden am Rande einer Niederlage hatten, reichte es trotz Würzburger Toren von Häußler und Jakel nicht und wir hatten gegen beide (Karlsruhe 5:6, München 6:11) das Nachsehen. Auch wenn sich der Stolz in diesem Moment in Grenzen hielt: Lacrosse war nun endgültig in Würzburg angekommen und viele Leute hatten es mitbekommen! Und wie viele legendäre Spiele sollten auf diesem Rasen noch folgen…Auch der Frust über die beiden Niederlagen sollte diese Nacht nicht überleben, machten wir ihm doch zunächst in Manus Küche und zu späteter Stunde auf dem Boot mit dem ein oder anderen Bier den Garaus.
Und diese exzessiven Teambuilding-Maßnahmen zahlten sich schon am nächsten Spieltag aus. Und wie! In München hieß der Gegner erneut Tübingen/Mannheim (der damalige Spielmodus, dass die Liga nach der Vorrunde zwischen Platz 4 und 5 in 1. und 2. Liga geteilt wurde und fortan in diesen weitergespielt wurde…kein Scheiß!) und wurde im ersten Spiel des Tages mit 8:2 und Toren von Häußler, Jakel und den beiden Debüt-Scorern Hofmockel und Rödig weggefegt. Für Erlangen zierten das Scoreboard übrigens so illustere Namen wie Dollinger, Boerner und Janus 😉
Aber zurück nach München, gegen München. Das Spiel gegen die Reserve der Landeshauptstädter stand für uns unter keinem guten Stern, hatten wir doch gegen sie bisher immer sehr deutlich das Nachsehen gehabt – zuletzt am vorigen Spieltag in Würzburg. Diesmal jedoch nicht! Schnell erkämpften wir uns eine komfortable Führung, die zu unserem eigenen Erstaunen fast bis zum Ende Bestand hatte. Aber eben nur fast, denn just im vierten Quarter bäumte sich die Bestia Negra aus München auf und bis zum 7:7 zu. Konstanz und der erste Rückrundenspieltag schienen uns einzuholen. Glücklicherweise wusste ein Mann nichts von diesem Fluch, konnte er ja gar nicht, denn er absolvierte eben seinen ersten Spieltag für die SG: Basti Rödig. Und dieser Rödig war es, der sich ein Herz nahm, den Führungstreffer durch Dollinger vorbereitete und schließlich mit die Bestie höchstselbst erlegte: Endstand 9:8! Rote Laterne abgegeben, erster Doppelsieg in der Geschichte der SG!
Einen Dämpfer erlebten wir anschließend leider in Karlsruhe, wo sich die Hausherren für die enge Kiste in Würzburg ordentlich revanchierten. Am Ende blieb uns leider nur der Spott der Heimfans: „Was ist grün und kann nicht fangen – Würzburg/Erlangen“.
Doch das Happy End folgte auf dem Fuß und zwar am nächsten (und letzten) Spieltag. In München hieß der Gegner einmal mehr Konstanz (danke, seltsamer Liga-Modus anno 2010) und das Aufeinandertreffen war ein Spiegelbild unserer gesamten ersten Spielzeit. Die erste Hälfte stand stellvertretend für das Lehrgeld, das wir hatten zahlen müssen: Nach 1:0 Führung blieb das Nest der Seemöwen für uns vernagelt und sie zogen auf 1:6 davon. Erst in der Halbzeit besannen wir uns auf unsere stärken und kämpften uns Tor um Tor ins Spiel zurück (mit Würzburger Buden von Müller, Hofmockel und Jakel) um schließlich denkbar knapp mit 8:7 als Sieger vom Feld zu gehen.
Der Abpfiff der Partie war dann gleichzeitig der Startschuss zu einem unvergleichlichen Partymarathon, der bereits am Münchner Sportplatz seinen Anfang nahm, über diverse Züge bis zur Erlangener Bergkirchweih führte und schließlich nicht legendäre hätte enden können als auf Gregors Zirkus-WG-Party. Unvergessen wie es die ganze Nacht über von den Erlangener Hauswänden widerhallte: „SG, SG, SGSGSG, Würzburg Erlangen, Würzburg Erlangen, ja das ist eine SG“. Ebenfalls unvergessen, wie Army-Veteran Carl gleichzeitig Todesgriffe und Anmachsprüche (do you like pizza and a fuck?) zum Besten gab und wie wir kurzerhand Gregors Party enterten.
Ganz normale Lacrosse-Themen
Natürlich konnten auch legendäre Abende wie der oben beschriebene nicht darüber hinwegtäuschen, dass Würzburg Lacrosse auch damals mit ganz alltäglichen Probleme und Problemchen zu kämpfen hatte, die wahrscheinlich jeder andere (Lacrosse-) Verein so oder so ähnlich kennt. Von der Abmeldeproblematik im Training bis über verschwundene Bälle bis hin zur Frage, ob Rookies und Erfahrene getrennt werden sollen waren damals all die Fragen schon präsent, die uns auch nach Jahren noch beschäftigen sollten, wie das Protokoll einer Teamsitzung zum Ende der Debüt-Saison enthüllt. Interessant und aufschlussreich auch, welche (Personal)-Entscheidungen damals getroffen wurden:
- Andi Beck beerbt Manu als Captain, Wutscho David als Defense-Coach
- „immer 2 Spieler des Teams eine Woche lang das Anfängertraining leiten. Der Plan wird in die StudiVZ-Gruppe gestellt. In Ermangelung eines Damenteams, bzw. eines Damencoaches spielen und trainieren die Frauen bei den Anfängern mit.“ 🙂
- Gleich zwei Ämter hat künftig Basti inne: er übernimmt den neu geschaffenen Posten als Finanzwart und beerbt Steffen als Pressewart
- jeder Spieler, der sich nicht rechtzeitig vom Training abmeldet, muss 2€ in die Teamkasse zahlen 🙂
Weitaus weniger trocken gestaltete sich hingegen unsere erste Teilnahme am Vatertagsturnier unseres Muttervereins. Spätestens da wussten wir, dass wir uns den richtigen Würzburger Club ausgesucht hatten. So waren dann auch unsere fussballerischen Gehversuche ein voller Erfolg und wir ließen mit unserer Platzierung nicht nur Raum für stetige Verbesserungen in den Folgejahren, sondern sahnten bei der Siegerehrung gar noch einen Sack Murmeln ab.
Der erste Titel: Karl-Marx-Pokal in Trier
Und doch: Ob Rückrunde, Vatertagsturnier oder Saisonabschluss mit Erlangen – all das war nur das Vorspiel für jenes legendäre Wochenende im Juni, das bis heute fest eingraviert steht in die Annalen der FT Würzburg Lacrosse: Karl-Marx-Pokal, die Zweite!
Dabei begann diese Unternehmung denkbar unglücklich für uns: Schon vor Abfahrt waren wir dezimiert, denn die (damals) jungen Wilden Thomy und Charly waren am Vorabend auf dem Boot in ein skurriles Handgemenge geraten, was dazu führte, dass Thomy gar nicht und Charly mit einem blauen Auge mitfahren konnte. Dafür konnte kurzfristig der Heidelberger free agent Sim verpflichtet werden, der uns nicht nur in der Defense stabilisierte sondern auch am laufenden Band alte Geschichten über seinen alten Klassenkamerad und unseren Player Andi zum besten gab.
Was dann in Trier passierte, weiß heutzutage natürlich jedes Kind. Wer trotzdem noch einmal erleben will, wie Coach Wutscho und Captain Andi uns zum ersten Titel der Vereinsgeschichte führten und wie Ruhrpottbrasilianer Peppo im Tor und daneben die Tänze seines Lebens hinlegte, dem sei der ausführliche Bericht ans Herz gelegt.
Der Karl-Marx-Pokal, der bis heute in der Vitrine am Judenbühlweg glänzt, war sicherlich das Highlight eines insgesamt schon überragenden Jahres. Er half sogar dabei, die Tränen über den gehörig misslungenen ersten Würzburg Auftritt bei den adh Open, den inoffiziellen Hochschulmeisterschaften, zu trocknen. Mit dem Selbstbewusstsein eines Karl-Marx-Pokal-Siegers waren wir nach Mainz gereist, um etwas zu reißen – und kassierten einen herben Dämpfer. Mit dem kurzfristig verpflichteten Interims-Goalie Matze Kessler, der sich bei seinen ersten und einzigen Lacrosse-Spielen bravourös schlug, gelang uns leider kein Sieg.
Doch auch mit diesem kleinen Rückschlag zum Ende: Was für eine erste Saison! Wir waren jedenfalls hungrig auf mehr…F…T…WHÄÄÄ!